Offenes Feuer. Schwarzer Rauch. Brandgeruch liegt in der Luft. Hitze und Betriebsamkeit breiten sich aus. Laute Rufe dringen nach außen. Schwarz verschmierte vermummte Gestalten mit Atemmasken rennen umher. Alles wie bei einem echten Brandeinsatz.
Nur, dass es kein echter Einsatz ist. Jedoch so nah dran, wie es unter kontrollierten Ausbildungsbedingungen möglich ist.
Vom 09.03. bis 13.03.2022 hatte die Freiwillige Feuerwehr Bad Salzuflen die Möglichkeit in einem von der Feuerwehr Herford beauftragten Brandcontainer zu trainieren. Eine Gelegenheit, die sich im Freiwilligen Feuerwehrleben nicht sehr häufig ergibt. Für mich und einen Großteil der Beteiligten zum ersten Mal.
Für viele der anwesenden Feuerwehrmänner und Frauen ist es sogar die erste Begegnung mit einem realen Wohnungsbrandszenario überhaupt. Im Kreis Lippe gibt es mit der Kombination aus Brandhaus und Atemschutzübungsstrecke am Feuerwehrausbildungszentrum zwar schon sehr gute Trainingsmöglichkeiten. Beide Szenarien arbeiten jedoch maximal mit Gasfeuern und ungefährlichem „Disconebel“. Echtes (Holz)Feuer mit (ohne Schutzausrüstung) lebensgefährlichem Rauch sind Gegner auf einem anderen Niveau.
Aber zurück auf Start. Realbrandausbildung – Was ist das überhaupt? Die sogenannte Brandsimulationsanlage besteht aus zwei Übersee Containern, die im Innenraum einer Mehrzimmer Wohnung nachempfunden sind. Türen und Inneneinrichtung sind allerdings nicht brennbar und schwer zerstörbar. Was nicht heißt, dass im Übungseinsatz nicht trotzdem mal etwas zu Bruch gehen kann. Es gibt eine Küche, Kinderzimmer, Wohnzimmer. Kurzgesagt eben alles was man im echten Brandfall auch vorfinden könnte.
Wie im wirklichen Leben ist das, was einem hinter der Eingangstür erwartet den Übungsteilnehmern vorher unbekannt.
Die eigentliche Ausbildung besteht aus zwei Bestandteilen. Teil eins – Einsatztaktik – entspannt für die Auszubildenden, während die Trainer ordentlich ins Schwitzen kommen. Bei Teil zwei – der Einsatzübung – dreht sich das Verhältnis um.
Jeder Übungsteil beginnt mit der persönlichen Schutzausrüstung. Flammschutzkleidung, Atemschutzgerät, Helm und ein Poncho, damit vor allem das Atemschutzgerät nicht ganz soviel Dreck, Ruß und Hitze abbekommt.
Sorgfältiges Anlegen der gesamten Ausrüstung ist hier Pflicht. Bei der Feuerwehr geht niemand allein vor, daher kontrolliert der Partner oder die Partnerin den korrekten Sitz aller Ausrüstungsgegenstände. Wie im Grunde bei jeder Übung und jedem Einsatz. Trotzdem ist diese Übung anders. Zur Erinnerung: Es wird mehrere 100 Grad heiß und sehr ungemütlich. Fatal, wenn irgendwo ein Stückchen Haut der Hitze schutzlos ausgeliefert wäre.
Unter dem wachsamen Blick der Ausbilder geht es nun in den linken Teil des Containers. Er besteht aus zwei Räumen. Einer ca. 40 cm tiefer gelegen als der andere. Das wird später noch wichtig.
Links und hinter uns eine Tür nach draußen. Am Ende des tiefer liegenden Zimmers eine Tür zu Raum Nummer zwei. Inhalt: zwei unscheinbar aussehende Holzstapel. Das ist ungefähr so viel, wie ein Standard Kinderzimmer eines bekannten schwedischen Möbelhauses in etwa an Brandlast mitbringen würde.
Während der linke Holzstapel mit etwas Starthilfe in Brand gesetzt wird, dürfen wir uns entspannt auf den Boden setzen. Blickrichtung zum Brandraum.
Der Ausbilder erklärt, was uns in den nächsten Minuten erwarten wird. Zuerst der sogenannte Flashover oder deutsch: Feuersprung. Hiermit ist die schlagartige Brandausbreitung auf einen gesamten Brandraum gemeint.
Tatsächlich kann man eindrucksvoll beobachten, wie die Flammen nach einer kurzen Zeit überschlagen und der eigentlich deutlich entfernte Holzstapel nur durch die Ausbreitung von Hitze und aufgeheizten Brandgasen anfängt zu brennen. Die sichtbaren Flammen des manuell angezündeten Holzstapels hatten zu keiner Zeit auch nur minimalen Kontakt zum Holz auf der anderen Seite.
Hätten wir uns zu diesem Zeitpunkt im durchzündenden Raum aufgehalten, wäre die Überlebenszeit selbst mit Schutzkleidung nur im Bereich von Sekunden gewesen.
Durch eine vorgegeben Reihenfolge und Öffnungszeit der unterschiedlichen Türen – Stichwort Sauerstoffzufuhr – wird nun das zweite Szenario vorbereitet. Eine Rauch(gas)durchzündung. Hierbei handelt es sich um das plötzliche Entzünden von Rauchgasen. Es besteht Lebensgefahr für jeden, der sich darin aufhält.
Moment – hatte der Ausbilder nicht gesagt, dass wir uns gleich mitten in der Durchzündung aufhalten werden?! An dieser Stelle kommen die 40cm Höhenunterschied ins Spiel. Diese reichen aus, dass der Großteil der Flammen und Hitze über unsere Köpfe hinwegrollt. Sehr heiß und unbehaglich wird es allerdings trotzdem. Ohne Schutzkleidung wäre die Überlebenschance in diesem Szenario sehr gering.
Durch ein koordiniertes Öffnen und Schließen der Türen führen die Ausbilder immer wieder Durchzündung um Durchzündung herbei. Absolut beeindruckend, wie die Flammen teilweise Sekunden lang über unseren Köpfen schweben und tänzeln. Manch eine Durchzündung wandert gar vor und zurück durch den Raum. Spannend, dass die Flammen tatsächlich gar nicht schnell, sondern eher ruhig und wie in Zeitlupe durch den Raum wandern. Darauf kann man sich im Ernstfall allerdings nicht verlassen.
Zum Schluss der Übung sollen wir unsere relativ sichere geduckte Position dann doch verlassen, um das richtige Verhalten für eben diesen Ernstfall zu üben.
Auf Kommando „Durchzündung“ werfen wir uns nach vorne, schützen so gut es geht das Mundstück unserer Atemschutzmaske und lassen die Flammen über uns hinwegrollen.
Bei einem echten Einsatz wäre hier Feierabend. Eigenrettung und raus, da die Schutzkleidung maximal für EINE solche Extrembelastung ausgelegt ist.
Kurz darauf geht es dann auch an die frische Luft. Es folgt ein vorsichtiges Entkleiden um sich selbst nicht mit Ruß und Dreck zu kontaminieren. Kurz durchpusten und etwas trinken, bevor es mit einer frischen Atemluftflasche zur zweiten Übung geht.
Schluss mit entspanntem Zuhören. Nun müssen wir als Trupp selbst tätig werden.
Einsatzlage: Gemeldeter Wohnungsbrand, 4 Vermisste Personen. Einsatzbefehl: Zur Menschenrettung vor.
Mit Wasser am Schlauch betreten wir die Containerwohnung. Es ist verraucht. Die Sicht schlecht. Jedoch noch kein Feuer zu sehen. Mit etwas Abstand folgt der Ausbilder.
„Hallo! Ist dort jemand? Hier spricht die Feuerwehr!“ – Keine Antwort. Stück für Stück, Raum für Raum, suchen wir nach den vermissten Personen. Das echte Feuer macht die Situation sehr real. Wird es doch nach jedem Meter spürbar wärmer.
In einem Raum, der wie ein Kinderzimmer anmutet schließlich die erste vermisste Person. Dargestellt durch einen Dummy in den Ausmaßen eines Kindes. Schnell nach draußen um den Dummy dem fiktiven Rettungsdienst zu übergeben.
Der Ausbilder signalisiert „weitermachen“. Die 4 vermissten Personen waren offensichtlich ernst gemeint. Im Zimmer von vorhin finden wir eine weitere Person. Hektisch geht es raus und sofort wieder rein. Bei Null Sicht stoßen wir schließlich auf ein Feuer. Da dieses unseren Rückzugsweg blockieren würde, muss es erst gelöscht werden. Auch wenn im Hinterkopf die zwei noch vermissten Personen oberste Priorität haben, schließlich sinkt mit jeder Sekunde deren Überlebenswahrscheinlichkeit.
Das Feuer ist aus, es geht weiter. Kurz darauf finden wir Dummy drei und vier. Das Herz pocht, der Lunge geht es nicht besser. 4 Personen gefunden und gerettet – Übungsende.
In der Nachbesprechung gehen wir den gesamten Ablauf nochmal durch und sind uns im Anschluss einig. Dieser halbe Tag Realbrandausbildung hat unser Leben bei den kommenden echten Einsätzen wieder ein Stück sicherer gemacht. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal an die Feuerwehr Herford für die hervorragende überörtliche Zusammenarbeit.