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„Das wird kein normales Wochenende“ – Ein Jahr nach dem Großbrand Ladestraße

Geschrieben am 21. September 2020 von Feuerwehr-Bad-Salzuflen

Sechs Kameraden der Feuerwehr Bad Salzuflen erzählen ihre persönlichen Geschichten zu einem der größten Brände in der jüngsten Stadtgeschichte.

Von Daniel Hobein und Tobias Nordmeyer

Der Großbrand in der Ladestraße im September 2019 ist in vielen Köpfen hängen geblieben. Selten gab es ein Feuer in der Stadt, dass so viele Menschen gleichermaßen beschäftigt hat. Über 200 Einsatzkräfte aus Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei, Technischem Hilfswerk oder auch privaten Unternehmen waren an insgesamt vier Tagen im September 2019 mit einem der größten Brände in der jüngsten Stadtgeschichte beschäftigt. Parallel lief auch noch mitten in der Innenstadt das „Kiliansfest“. Die Verursacher des verherenden Brandes konnten bis dato nicht ermittelt werden. Heute, am 21. September, ist der Brand genau ein Jahr her.

Auf dieser Seite möchten wir unsere Kameraden zu Wort kommen lassen, die bei der Bekämpfung des Großbrandes beteiligt waren und eigentlich ganz andere Pläne für das Wochenende hatten. Ihre Geschichten sind Teil des Großfeuers Ladestraße. Nur durch gemeinsame Teamleistung konnte nach vier intensiven Tagen final „Feuer aus“ gemeldet werden.

Ein Dankeschön an alle Helfer!


„Das wird kein normales Wochenende“

Christian (32), hauptamtlicher Feuerwehrmann und LG Bad Salzuflen

Die Karte vom Lieferdienst hat Christian schon herausgesucht. Nach den Vorbereitungen für die Taufe seines Neffens und baldigen Patenkindes in Christians alter Heimat Arnsberg am Sonntag will er den Samstagabend nur noch entspannt mit seiner Frau beim Essen und Trinken verbringen. Doch die Alamierung zur Ladestraße macht einen Strich durch die Rechnung. Auf der Fahrt zum Gerätehaus seiner Löschgruppe sieht er schon eine große Rauchwolke über Schötmar. „In dem Moment war mir klar, das wird kein normales Wochenende“, erzählt der 32-jährige. Als Gruppenführer des Löschgruppenfahrzeugs ist er einer der ersten vor Ort. Schnell wird klar, dass die Lagerhalle nicht mehr zu retten ist. Mit seiner Gruppe baut er die Wasserversorgung für die „Lippische Löschkanone“ auf. Gleichzeitig muss er seinen Trupp, der den Brand aus nächster Nähe löscht, im Blick behalten. Frühmorgens wird er abgelöst, damit er nach nur drei Stunden Schlaf es pünktlich zur Taufe ins Sauerland schafft. Der Aufenthalt fällt kürzer aus, als ursprünglich geplant. „Bei uns in Bad Salzuflen läuft aktuell ein Großbrand, da muss ich gleich wieder hin“, so Christian zu seiner Familie. Er blickt in verständnisvolle Augen, sind auch in seiner ehemaligen Heimat einige Freunde und Familienmitglieder Angehörige der Wehr dort. Christian selbst wird den ganzen Sonntag und auch den Montag seinen Dienst in der Ladestraße verrichten. Familie und Feuerwehr? – Für Christian definitv kein Ausschluss.


„Die gesamte Logistik war ein großes Thema“

Sebastian (33), LG Bad Salzuflen und Team „ELW“

Auf der A1 zwischen Lübeck und Hamburg: Gut drei Stunden Fahrt sind es noch zu fahren. Sebastian ist auf dem Heimweg mit seiner Familie vom Fehmarn-Urlaub, als per Whatsapp erste Informationen über ein Feuer aus Schötmar, unweit des Kiliansfests, auf dem Handy ankommen. „Das scheint was Größeres zu sein. Vielleicht muss ich da nachher noch hin“, sagt der 33-jährige zu seiner Frau. Da ahnt Sebastian noch nicht, dass er die Nacht und die folgenden zwei Tage mit dem Feuer an der Ladestraße beschäftigt sein wird. Als die Familie die Autobahn A2 verlässt und am Werler Krug vorbeikommt, ist die große Rauchwolke über Schötmar gut sichtbar. Nachdem er seine Familie und das Gepäck Zuhause abgesetzt hat, macht er sich auf den Weg zur Einsatzstelle. Dort angekommen führt sein erster Weg zum Einsatzleitwagen (kurz ELW). Als Mitglied der „ELW-Truppe“ kann er sofort mit der Arbeit beginnen und seine Kameraden am und im Fahrzeug unterstützen. Die ganze Nacht fordern sie Material und Personal zur Unterstützung der örtlichen Einsatzkräfte an. „Neben der Einsatzstellenkommunikation war die gesamte Logistik ein großes Thema“, sagt Sebastian zu seinen Aufgaben in der Nacht. Nach ein paar Stunden Schlaf zuhause ist er sonntagmittags wieder vor Ort. Das Feuer ist größenteils gelöscht. Doch Aufräumarbeiten und das Ablöschen von Glutnestern beschäftigen die Feuerwehr noch einige Zeit. Auf die Frage wie kräftezehrend dieser Marathon an der Ladestraße war, antwortet Sebastian: „Glücklicherweise hatte ich noch Urlaub, das ging leider nicht allen Kameraden so.“ Eine gewisse Müdigkeit spürt aber auch er, doch es hilft nichts: Am Dienstagmorgen weckt ihn seine süße Tochter um halb sieben, um viel gemeinsame Zeit mit dem Papa zu verbringen.


„So eine Feuer- und Hitzewand ist einfach irre“

Nele (20), LG Biemsen-Ahmsen

Die Partyvorbereitungen für die eigene Gartenfete sind abgeschlossen, noch ein kurzer Halt an der Sporthalle Aspe, die erste Herrenmannschaft des HBS (Handball Salzuflen) spielt. Anfeuern ist angesagt. Die Freude auf den Abend und die Party ist bei Nele riesengroß, die gute Stimmung beim Spiel tut ihr übriges. Ein Blick auf das Handy zeigt jedoch neuste Whatsapp-Meldungen, die von einem Großbrand in Schötmar unweit des Kiliansfests berichten. Kaum aus der Halle heraus, löst auch ihr Funkmeldeempfänger aus. Nele überlegt kurz die Party noch abzusagen, das ist jedoch keine Option mehr – die Gäste waren schließlich bereits auf dem Weg. Einzige Möglichkeit: „Ich komme später zu meiner eigenen Party!“. Am Gerätehaus ihrer Einheit, der Löschgruppe Biemsen-Ahmsen, angekommen wird die 20-jährige zum ersten Mal in ihrer noch jungen „aktiven“ Laufbahn das MTF mit Martinshorn und Blaulicht durch den dichten Verkehr nach Schötmar steuern. Auch heute noch ist sie zutiefst beeindruckt von der gewaltigen Energie die so ein Feuer ausstrahlt. „Zuerst ist das sehr befremdlich, diese Wand aus Feuer und Hitze. Aber nach ein bis zwei Stunden ist es irgendwie schon wieder normal. Eigentlich irre.“, so die Stadtinspektoranwärterin. Während Nele und ihre Kameraden die Nacht über mit dem Feuer ringen, feiern ihre Gäste unterdessen ohne Gastgeberin in der Hütte im heimischen Garten. Und auch wenn sie außer ein paar Fotos über WhatsApp von der Fete nur wenig mitbekommen hat, steht für Nele eins fest: Diese Feier wird sich in die Reihe der „legendären Abende“ einreihen.


„Meine Frau ist nicht ängstlich – diesmal schon“

Jens (52), Dienstgruppenleiter auf der hauptamtlichen Wache

Auf einen leckeren Krustenbraten am Abend freuen sich die hauptamtlichen Kräfte auf der Feuerwache. Schön mit Klößen und Rotkohl. Doch soweit kommt es nicht – der Braten muss warten. Paletten brennen in einer Mulde, lautet die Alarmierung für Dienstgruppenleiter Jens und seine Mannschaft. „Mein erster Gedanke war: Mist, das Kiliansfest läuft ja auch. Hoffentlich kommen wir da gut durch“, erzählt der 52-jährige. Die zufällig vorausfahrende Polizei macht mit Martinshorn und Blaulicht den Weg frei. Vor Ort erkundet Jens zunächst die Lage, geht um die Halle herum, die zunächst nur leicht am Giebel brennt. Das Feuer greift jedoch immer weiter um sich. „Ich merkte schnell, dass der Rückweg eng wird“, erinnert er sich. Hitze macht sich breit. Erst im letzten Moment und mit einem beherzten Sprung schafft er es zum Fahrzeug zurück. Rückzug. Derweil ist über der Stadt eine dicke Rauchsäule zu sehen. Seine Frau steht auf dem Lockhauser Berg und hört das knallen der Gasflaschen aus der inzwischen im Vollbrand stehenden Lagerhalle. „Sie ist sonst nicht so ängstlich und kennt meinen Job“, sagt Jens. Bei diesem Großbrand ist das anders. Als er gemeinsam mit seinen hauptamtlichen Kollegen zurück auf der Wache ist, wird kurz telefoniert. Erleichterung ist zu hören. „Als Dienstgruppenleiter bist du immer froh, wenn alle deine Leute wohlbehalten aus dem Einsatz zurück kommen“, sagt er. So auch beim Großbrand Ladestraße. Den Krustenbraten gab es auch noch. Wenn auch nicht als Abendessen, sondern eher als Mitternachts-Snack.


„Mehr als ein Daumen hoch war nicht drin“

Marc (48), Einsatzleiter und Gruppenführer der LG Wülfer-Bexten

Die Familie hat sich für Samstagnachmittag angekündigt. Den Geburtstag von Marcs Frau Monika gilt es nach zu feiern. Der Kuchen steht auf dem Tisch, es riecht nach Kaffee. Später soll noch gemeinsam zu Abend gegessen werden. Doch Marc muss vorher weg. Als erster Einsatzleiter, dem Kommandodienst, wird er zur Ladestraße gerufen. Ab dem Kreisverkehr an der Oerlinghauser Straße fährt er auf Sicht. Dass ihr Mann am Abend nicht zeitig nach Hause kommt ist Monika klar, als auch ihr Melder auslöst. Sie ist ebenfalls Mitglied der Feuerwehr, ihre Löschgruppe Wülfer-Bexten wird zur Unterstützung alarmiert. Das laute Knallen der explodierenden Gasflaschen in der Lagerhalle lässt die Geburtstagsrunde zu Hause aufschrecken. Auch Marcs Tochter macht sich Sorgen um ihren Papa. „Es kamen einige Nachrichten, ob bei mir alles okay ist“, erzählt er. Mehr als einen Daumen hoch ist auf die Schnelle nicht drin. Marc hat als Einsatzleiter alle Hände voll zu tun, um gemeinsam mit seinen Kameraden vor Ort schlimmeres zu verhindern. Die Zeit rennt, das Zeitgefühl bleibt auf der Strecke. Irgendwann ist auch Marc erschöpft. Kurz nach Hause, eine Mütze voll Schlaf. Vom Geburtstagsessen ist für den 48-jährigen noch etwas übriggeblieben. Viel bekommt er jedoch nicht runter, die Ladestraße und der noch andauernde Großbrand ist omnipräsent. Er fährt wieder los. Erst am Sonntagabend kommt er nach Hause. „Meine Familie und auch unsere Freunde kennen das nicht anders, dass man kurzfristig zu Einsätzen raus muss“, erzählt der Einsatzleiter. Dass dieser Einsatz allerdings über mehrere Tage läuft, hat sich zu Beginn der Geburtstagstafel am Samstag niemand vorstellen können.


„Alles kam alles sehr überraschend“

Daniel (42), LZ Schötmar/Werl-Aspe

Das Kiliansfest im September ist für Daniel eine Art Pflichttermin. Als Ur-Schötmaraner und Mitglied des Bürgervereins ist er immer dabei, wenn es etwas zu organisieren gilt. So auch an diesem Samstag. Nach dem Bestehen der Feuerwehr Modulausbildung am Vormittag in Lage ging es für ihn am Nachmittag auf das beliebte Stadtfest. Der Duft von gebrannten Mandeln und Bratwurst legt sich in die Nase, am Autoskooter drehen die Jüngeren zu aktuellen Beats ihre Runden. Ein normales Bild für einen Samstag, bis Daniel Qualm hinter dem Fahrgeschäft aufsteigen sieht. Paletten brennen vor der Lagerhalle unweit seiner Wohnung in der Ladestraße. Er alarmiert über den Notruf seine Kameraden. Durch den Lehrgang vom Morgen hat er noch seine Einsatzkleidung parat und zieht sich flugs um. „Ich hätte nie gedacht, dass ich nach der bestandenen Modulausbildung so schnell im Einsatz bei einem solchen Großbrand bin“, sagt der 42-jährige. Er baut mit die Wasserversorgung auf und hilft, wo Not am Mann ist. „Alles kam sehr überraschend“, berichtet Daniel. Und auch wenn seine Wohnung nur ein Steinwurf entfernt ist, schafft er es erst am frühen Sonntagmorgen nach Hause. Müde und erschöpft. Schlaf bekommt er allerdings wenig. Die Geräuschkulisse vor dem Fenster ruft ihn erneut auf den Plan. Wieder umziehen und wieder in das Geschehen hinein. Dieses Mal wird er als Sicherungsposten für die Einsatzstelle eingesetzt. Von dort aus hat er einen guten Blick auf das laufende Kiliansfest. Eines der ersten, bei denen er nicht aktiv mitwirkt, sondern sich als frischgebackener Feuerwehrmann in den Dienst der Allgemeinheit stellt.


„Beim Großbrand in der Ladestraße war ich …“

Erzähl uns Deine Geschichte zum Großbrand in der Ladestraße

Unsere Kameraden haben ihre Erfahrungen und Erlebnisse zum Einsatz in der Ladestraße geschildert. Aber wie hast du dieses Wochenende erlebt? Wir möchten gerne Deine Geschichte zum Großbrand in der Ladestraße erfahren. Schreib uns gerne eine Nachricht an über unser Kontaktformular oder kommentiere unsere Posts bei Facebook und Instagram. Und wenn du Lust auf mehr spannende Geschichten aus dem Bereich der Feuerwehr hast, dann komm zu einem unserer Dienstabende und werde Teil einer starken Truppe. Wir zeigen Dir hautnah unsere Arbeit und was für uns Kameradschaft bedeutet.
Die Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr Bad Salzuflen ist kostenfrei. Was du lediglich benötigst, ist etwas Zeit und Teamgeist. Die nötige Ausbildung erhälst du bei uns in Form von Lehrgängen und Dienstabenden. Und wer weiß, vielleicht berichtest du an dieser Stelle schon bald über Deine ganz eigenen Erfahrungen.

Wir freuen uns auf Dich!

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Zur ursprünglichen Berichterstattung zum Großbrand „Ladestraße“ >>>

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