Feuerwehr und DRK proben auf dem Autoverwertungshof der Firma Bewa die Rettung von Menschen nach einem Verkehrsunfall
Das Szenario wirkte real und doch war es glücklicherweise nur eine großangelegte Übung: Ein Gabelstaplerfahrer hat auf seinem Fahrzeug einen Kreislaufkollaps erlitten. Sein Arbeitsgerät macht sich auf einem Autoverwertungshof selbstständig und rammt zwei Fahrzeuge. Dabei wird ein Pärchen in seinem Wagen eingesperrt, ein Kollege des Mannes zwischen den beiden Autos verkeilt. Eine großangelegte Rettungsaktion für Feuerwehr und Deutsches Rotes Kreuz (DRK) beginnt.
Die Alarmempfänger schrillen gegen 19.40 Uhr an einem Montagabend. Eigentlich hätte der Löschzug Schötmar/Werl-Aspe in zwanzig Minuten seinen regulären Dienstabend, doch stattdessen geht’s hinaus zu der Autoverwertung am Schnatweg. Ausgedacht haben sich die Übung Löschzugführer Jan Krüger und sein Kamerad Dennis Wohlan. Sie beide waren gemeinsam mit DRK bereits Stunden vor Übungsbeginn vor Ort. Die vier „Opfer“ wurden mit täuschend echten Wunden und authentischen Geschichten versorgt. Die Helfer sollen bewusst unter Stress gesetzt werden, um noch besser auf den Realeinsatz vorbereitet zu sein.
Nach wenigen Minuten ist der Rüstwagen vor Ort und sichtet die Lage. Jan Krüger, Dennis Wohlan und die Ausbilder des DRK haben sich in Deckung begeben. Nichts soll die ersten Minuten auf eine Übung hindeuten und vermutlich so die Spannung nehmen. Erstmals rückt auch das neue Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (HLF) des Löschzugs mit aus, dass von den hauptamtlichen Kräften übernommen und in Kürze in Dienst gestellt werden soll. „Die Kameraden werden derzeit darauf ausgebildet und so können sie schon einmal real damit üben“, flüstert Krüger, während sein Team die Gesundheitszustände der „Opfer“ erfasst. Weitere Kräfte rücken an, darunter das ehrenamtliche DRK, dass auch in die Rolle eines Notarztes schlüpft. „Zwei Patienten Kategorie rot, einer gelb, einer grün“, knarzt es aus dem Funkgerät. Es besteht somit unter anderem Lebensgefahr für die Verunfallten. Nun muss alles schnell gehen. Dennis Wohlan als Übungsbeobachter notiert. Die Deckung kann aufgegeben werden – ab jetzt wird direkt von der Einsatzstelle zugeschaut. Die Kameraden sind im Tunnel. Jeder konzentriert sich auf seine Aufgaben.
Es ist dunkel geworden, Lichtmasten werden aufgebaut. Starker Regen setzt ein und erschwert die anspruchsvolle Lage gleich doppelt. Der Gabelstaplerfahrer wird als erstes betreut, sein Gesundheitszustand ist kritisch. Er wird in die stabile Seitenlage gebracht und vom Rettungsdienst abtransportiert. Derweil kümmert sich ein anderer Trupp um den Mann, der zwischen den Autos eingeklemmt ist. Die Spitzen des Gabelstaplers haben das Auto an den Scheiben durchbohrt und kommen ihm bedrohlich nahe. Eine geschminkte Kopfplatzwunde ist in dem Fall sein geringstes Problem. Der Mann schreit vor Schmerzen. Mittels Hebekissen werden die Autos vorsichtig auseinander gedrückt, er kommt frei und wird sofort medizinisch versorgt. Die Rettung des sich noch im Auto befindlichen Pärchens ist am aufwendigsten.
Sie sind eingesperrt, die Türen deformiert. Während es der jungen Frau augenscheinlich gut geht, verschlechtert sich der Zustand ihres Beifahrers. Der Wagen wird vorsichtig nach vorne geschoben und somit Platz für die Einsatzkräfte geschaffen. Alle übrigen „Opfer“ haben inzwischen die Notfalltragen verlassen, stehen am Rand und beobachten das Szenario. Auch für sie ist eine solch große Übung mit rund 50 Einsatzkräften nicht alltäglich. Die Türen des Fahrzeugs lassen sich nur noch mittel Schere und Spreizer öffnen – schweres Gerät wird an die Einsatzstelle geholt. Der Regen macht zunehmend zu schaffen, doch alle bleiben cool. Die Fahrerin des Unfallwagens ist frei, ihr Fuß tut in der gespielten Rolle noch weh. Sie erhält von einem Feuerwehrkameraden eine Decke gegen das nasskalte Wetter und wird von ihm zum Rettungsdienst begleitet. Für ihren Beifahrer muss es jetzt schnell gehen: Sein Zustand ist kritisch. Der Arzt entscheidet, dass sofort gehandelt werden muss. Das Dach des Fahrzeuges wird abgenommen, fünf Kameraden stehen bereit, um mittels eines Spineboards, einem stabilen Brett zur patientenschonenden Rettung, den Mann vorsichtig aus dem Wagen zu befördern. Der Einsatzleiter meldet danach über Funk: Übungsende.
Auf dem Hof des Autoverwerters findet anschließend noch eine Abschlussbesprechung statt. Die Beobachter sind zufrieden: „Die Zusammenarbeit zwischen DRK und Feuerwehr hat gut geklappt und solche Übungen helfen uns allen weiter, die ein oder andere Schwachstelle dann zu beheben“, bilanzieren beide. Ein großer Dank geht auch an die Firma Bewa, die neben den Unfallautos auch ihren Hof für die Übung zur Verfügung gestellt hat.
- Im vergangenen Jahr musste die Freiwillige Feuerwehr Bad Salzuflen 21 Mal zu Menschen ausrücken, die in Fahrzeugen oder Maschinen eingeklemmt waren. In diesem Jahr gab es unter dem Stichwort „TH P-klemmt 1“ bereits 11 Einsätze. Vielfach handelt es sich dabei um schwere Verkehrsunfälle. Schwere Geräte wie Schere und Spreizer sorgen mit hydraulischer Unterstützung dafür, dass Metall auseinandergedrückt oder auch geschnitten werden kann. Das elektronische Abfragen von Fahrzeugdaten, zum Beispiel an welcher Säule im Auto Schnittpunkte zu finden sind, übernimmt der Einsatzleitwagen. Dieser ist bei Lagen mit eingeklemmten Menschen automatisch mitalarmiert.